
3. Stadtspaziergang der StadtMitGestalter Werder (Havel) am 2. März 2019
Werder – eine Stadt voller Kultur! Aber an keiner Stelle findet man Kultur so geballt wie auf den paar Hundert Metern entlang der Eisenbahnstraße, die die gut 50 Besucherinnen und Besucher auf Einladung der StadtMitGestalter entlang spazierten.
Denn auch wenn vielen diese etablierten oder auch jüngeren Einrichtungen von verschiedenen Besuchen bekannt waren, so war es doch vielversprechend, einmal einen Blick hinter die Kulissen werfen zu können und auch mit den Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen.
Man konnte zu der Erkenntnis gelangen, dass die besuchten Kulturstätten weniger in Konkurrenz zueinander stehen, als dass sie sich eher als Netzwerk untereinander verstehen.

Los ging es in den Tulipa Studios in der Eisenbahnstraße 73. Seit Herbst 2018 existiert die Einrichtung, die für Theaterfreunde ein besonderer Anziehungspunkt sein dürfte.
Können doch unter fachkundiger Leitung der jungen Theaterpädagogin Julia Zimmermann verschiedene Kurse und Workshops besucht werden, außerdem besteht das Angebot einer Bürgerbühne.
Ein besonderes Augenmerk gilt einer neuen Jugendtheatergruppe. Es werden zur Zeit zahlreiche Kontakte zu Schulen und Kitas geknüpft, um viele gerade junge Menschen frühzeitig mit Theater in Berührung zu bringen.

Die Tulipa Studios befinden sich in einem ehemaligen Fabrikgelände des früheren Schaltgerätewerks, das auch das „Projekt Panama“ beherbergt. Die drei Künstlerinnen und Künstler Nadine Conrad, Allan Paul und Julia Brömsel, die bis November letzten Jahres im früheren Rechenzentrum in Potsdam arbeiteten, haben nun in einer alten Halle ihr Atelier eingerichtet, wo sie künstlerisch arbeiten, ausstellen und Begegnungen ermöglichen.

Von diesen noch neuen, jungen Einrichtungen ging es zum anderen Ende der Eisenbahnstraße, ins ehemalige und denkmalgeschützte „Kaufhaus“ zur Comédie Soleil. Das freie Theater ist seit 2009 in der Eisenbahnstraße 210 ansässig und somit schon länger etabliert. Die künstlerischen Leiter Karoline Hugler und Julian Tyrasa luden alle Besucher zu einer Kostprobe ein. Der Beginn ihres aktuellen Stückes „Petterson und Findus“, der einen kleinen Einblick in die leidenschaftlichen Inszenierungen des Theaters ermöglichte, fand großen Anklang. Leider sind die nächsten Aufführungen dieses Stückes schon ausverkauft.
Die künstlerische Leitung stellte sich nach der kurzen Kostprobe den Fragen des Publikums. Dabei stellte sich heraus, dass das Haus – was vielen sicher nicht bekannt war – von der Stiftung SPI (Sozialpädagogisches Institut) in Berlin getragen wird. Unterstützung kommt von der Stadt Werder sowie dem Landkreis Potsdam-Mittelmark. Dennoch ist der Betrieb ein finanzieller Balanceakt. So ist es z. B. nicht möglich, Abos für Schüler zum selben Preis anzubieten wie dies das HOT in Potsdam kann. Überhaupt ist die Zusammenarbeit mit Schulen nicht immer einfach, Kontakte bestehen meist zu einzelnen Lehrern. Zum Gymnasium fehlt leider ein „direkter Draht“. Weiterhin sind Investitionen, wie z. B. einen behindertengerechten Zugang (der beim Stadtspaziergang schmerzlich vermisst wurde) nahezu unmöglich. Dennoch, die Comédie Soleil ist mit Sicherheit ein echter „Sonnenschein“ für Werders Kulturlandschaft, und ein kürzlich gegründeter Förderverein hilft, dieses Kleinod für alle zu erhalten!

Nächste Station war nun die „Kulturgarage“ der freien Musikschule Zimmermann in der Eisenbahnstraße 190. Diese Einrichtung ist in der Tat eine Garage, in der an mehreren Wochenenden im Jahr Theater, Lesungen, Musik und mehr dargeboten werden. Direkt dahinter befindet sich die Musikschule von Gabriele Zimmermann, wo man Block- und Querflöte, Klavier oder Gitarre lernen kann. Insofern ein gelungenes Ensemble einer künstlerisch engagierten Familie, die ihre Leidenschaft für Kultur hier mit einem größeren Publikum teilt.

Letztes Ziel des Abends war das sicher jedem Werderaner bekannte Kino Scala in der Eisenbahnstraße 182. Das markante Gebäude, 1940 als Kino gebaut und weitgehend in ursprünglicher Form erhalten, steht unter Denkmalschutz. Es wurde bis ins Jahr 2000 als „Fontane Lichtspiele“ betrieben, stand danach einige Zeit leer und bekam dann einen neuen Eigentümer. Seit 2015 hat Gösta Oelstrom das Gebäude als Betreiber übernommen und es neu als „Scala Kulturpalast“ etabliert. Nun findet man dort ein abwechslungsreiches Programm aus Kino, Kabarett und Musikveranstaltungen, das großen Anklang findet und die Hoffnung weckt, dass mit diesem Konzept die Zukunft zu sichern ist.
Der Betreiber stand seinen Besuchern des Stadtspaziergangs Rede und Antwort und machte auch deutlich, dass der bauliche Zustand des Scala so schlecht ist, dass dringend Sanierungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sind aber derzeit nicht finanzierbar.
Die StadtMitGestalter nehmen erfreut zur Kenntnis, dass der Verein schon jetzt einigen Einfluss auf die Stadtpolitik hat. So motivierte die Ankündigung dieses Stadtspaziergangs die CDU zu Versprechungen für notwendiges Handeln. So schlägt deren Fraktion in der SVV vor, dass die Stadt Werder das Kino vom derzeitigen Besitzer kaufen solle und es somit in städtischen Besitz käme, was seitens der Verwaltung in den letzten Jahren stets abgelehnt wurde, wie viele Werderaner wissen. Dann wären sicher viele dringend notwendigen Arbeiten finanzierbar. Immerhin gibt es wie bei der Comédie Soleil auch für das Scala seit einiger Zeit einen Förderverein.
Im Kinosaal klang der Abend mit Getränken und Knabbereien bei zwei historischen Filmen über Werder aus.
Hier lässt sich Goethe zitieren: Wenn es eine Freude ist, das Gute zu genießen, ist es eine größere, das Bessere zu empfinden, und in der Kunst ist das Beste gut genug.“ Und genau das Beste haben wir hier in Werder. Es ist das Ziel der StadtMitGestalter, die Kultureinrichtungen in Werder weiter nach Kräften in jeder Weise zu fördern. Insofern war das einzige Manko des Abends, dass Vertreter der Verwaltung oder von anderen Parteien insbesondere durch Abwesenheit auffielen. Und mancher erinnerte sich beim Spaziergang an die Eisenbahnstraße, als sie noch eine prächtige Lindenallee war…

Schlussendlich soll an dieser Stelle nicht vergessen werden, dass die besuchten Kultureinrichtungen nur ein kleiner Ausschnitt des kulturellen Lebens in Werder sind. Beispielhaft aufgeführt seien z. B. das Ton und Kirschen Wandertheater oder das keramik&kulturGUT in Glindow, das Kunstgeschoss im Schützenhaus oder auch die Kreismusikschule in der Adolf-Damaschke-Straße, weiterhin wären zahlreiche Museen und Chöre usw. zu nennen…
Links zu den Webseiten der namentlich genannten Kultureinrichtungen:
- Tulipa Studios: https://tulipatheater.de/werder/
- Comédie Soleil: https://www.comediesoleil.de/
- Stiftung SPI: https://www.stiftung-spi.de/
- Kulturgarage: https://kulturgarage.wordpress.com/
- Musikschule Zimmermann: https://musikinwerder.de/
- Scala: https://scala-werder.de/kino/home/city296
- Ton und Kirschen Wandertheater Glindow: http://tonundkirschen.de/page/
- KeramikKulturGut: http://keramikundkulturgut.de/
- Kunstgeschoss: http://www.kunst-geschoss.de/Ausstellungen-aktuell.html
- Kreismusikschule: https://www.kms-pm.de/de/region-werder.html
- Fördervereine:
- Comédie Soleil: „Theaterfreunde COMÉDIE SOLEIL e. V.“
- Scala: «Freundeskreis Scala Kulturpalast, Werder e. V.“
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