Mit den Uferwegen sei alles prima in Werder (Havel) meint die Stadtverwaltung. Das sahen die zahlreichen Teilnehmer des 2. Stadtspaziergangs der StadtMitGestalter anders. Nicht nur im Bereich der oppulent aufgerüsteten Therme mit Seesauna in der Havel ist es um den freien Zugang zum Wasser schlecht bestellt.
Stadtspaziergang zur Haveltherme am 13. Januar
Diesmal ging es zur geplanten Haveltherme am Großen Zernsee. Trotz nasskalten Regenwetters kamen an die 50 Bürgerinnen und Bürger, um sich ein Bild von der aktuellen Situation zu machen, darunter sowohl langjährige Anwohner, als auch Zugezogene, die teilweise noch den Zustand des früheren Militärareals mit viel Natur und freiem Durchgang bis zum Stichkanal kennen gelernt haben.
Der Weg führte von der Freien Waldorfschule entlang dem leider weitgehend blickdicht abgezäunten Wassergrundstück des Surfvereins, vorbei an der „Mühle“, weiter durch den Rest des noch zugänglichen Uferwalds bis an den Halt gebietenden Bauzaun der Haveltherme, der auch den weiteren Zugang zum Seeufer und weiter bis hin zur neugestalteten Uferpromenade versperrt.
Bürgermeisterin sagt nein
Leider hatte die Bürgermeisterin unserem Antrag auf kurzzeitige Öffnung des Bauzauns für eine Durchquerung des ufernahen Bereichs nicht entsprochen und auch ihre Teilnahme an dem Spaziergang abgesagt. Damit hat sie aus unserer Sicht die Chance vergeben, direkt auf Fragen und Anregungen der teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger einzugehen.
Der alte Uferweg
Zur Vorgeschichte wurde durch Teilnehmer aus eigenem Erleben berichtet, das bis zur Entwicklung der sogenannten Havelauen ein durchgehender Uferweg von der ehemaligen Gaststätte „Tante Lola“ bis nach Phöben bestanden habe, unterbrochen bei Kriegsende mit der Besetzung des Wehrmachtsflughafens durch die Rote Armee. In den achtziger Jahren wurde über den alten Uferweg eine Halle zur militärischen Nutzung errichtet. Nach Abzug der Sowjetischen Truppen hat es die Stadt versäumt, diese Halle abzureißen und den früheren Uferweg wieder frei zu machen.
Umgang mit der Natur
Ein Teilnehmer kritisierte, dass es die Stadtverwaltung zugelassen habe, dass zu Beginn der Bauarbeiten für die BlütenTherme im Jahr 2011 in unmittelbarer Nähe zum schützenswerten Biotop des Uferwalds mit Bibern und zahlreichen Vogelarten das sogenannte Impulsverdichtungsverfahren eingesetzt wurde. Dabei wurde der Baugrund tagelang, wenn nicht Wochen, mit einem neun Tonnen schweren Fallgewicht verdichtet. Die Erschütterungen seien in den Häusern bis zur Straße am Zernsee zu spüren gewesen.
Surfverein sperrt Wassergrundstück ab
Etwa zur gleichen Zeit wurde dem Surfverein ein großer Uferbereich nördlich der Waldorfschule zur Verfügung gestellt. Das Grundstück wurde bis zur Wasserlinie komplett eingezäunt und ist bis heute der Allgemeinheit entzogen. Darüber hinaus hat der Surfverein im Vorjahr ein weiteres Grundstück unmittelbar neben der Waldorfschule bekommen und mit einem hohen Zaun gesichert.
Frühere Zugänge zum Wasser verschwinden
Teilnehmer des Stadtspaziergangs brachten ihre Sorge und ihr Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die Stadt Werder (Havel) offensichtlich beabsichtigt, im Bereich Haveltherme und Umgebung den freien öffentlichen Zugang zum Ufer nach und nach privaten Interessen zu opfern.
Auch über andere Stellen in der Stadt wurde berichtet, wo Zugänge zu den Gewässern verschwinden oder ein so kümmerliches Dasein führen, dass sie insbesondere von ortsunkundigen Besuchern nicht mehr wahrgenommen werden. Genannt wurde unter anderem die Verlängerung des Weges von der Mausediele über die Adolf-Damaschke Straße zur Havel, gleichermaßen die Verlängerung der Gartenstraße zur Havel sowie die frühere Anbindung der Bismarckhöhe über die Eisenbahnstraße hinweg zur Regattastrecke an der Föhse. Auch der bisher öffentliche Havelzugang an der Alten Weberei soll im Herbst durch einen Zaun abgeriegelt worden sein. In diese Reihe gehört auch ein früherer Fußweg am Glindower See zwischen Puschkinstraße und Obstzüchterweg im Strengfeld.
StadtMitGestalter e.V. ruft dazu auf, dem Verein weitere Problembereiche an den Ufern der Gewässer rund um Werder (Havel) mitzuteilen.
Langfristiges Konzept fehlt
Grundsätzlich bemängelt wurde das offensichtliche Fehlen eines langfristigen Konzepts der Verwaltung zum Umgang mit öffentlichen Wegen an den Ufern und Zugängen an die Gewässer bzw. ihrer Wiederherstellung. Nur mit einem solchen Konzept könne man auf lange Sicht zielstrebig handeln und zum Beispiel auch mal vom Vorkaufsrecht der Kommune Gebrauch machen, wenn sich dazu die Gelegenheit ergibt.
Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass Erholungsmöglichkeiten für die Bewohner, und darin eingeschlossen der freie Zugang zu den Gewässern, überall in der Stadt geschaffen werden müssen. Dies müsse möglich sein für alle, auch für Menschen, die nicht so weit laufen oder ein Auto benutzen können oder auch darauf bewusst verzichten wollen.
CDU schlägt zurück
Auf der Internetseite des CDU Ortsverbandes erklärte deren Vorsitzender Herrmann Bobka am 6.1.2019, dass durch die Stadt seit der Wende viele öffentliche Uferwege neu geschaffen wurden und keineswegs öffentliche Wasserzugänge verschwinden oder Uferflächen privaten Interessen geopfert werden. Dabei wurde auf 2 Kilometer neu geschaffene Uferwege in den Havelauen und 700 m Promenade am Stichkanal verwiesen sowie der Inselrundweg angeführt, der mit der Sanierung der Inselstadt neu entstanden sei. Er reagierte damit auf die Einladung der StadtMitGestalter zum 2. Stadtspaziergang zur Haveltherme vom 13. Januar und der darin aufgemachten Forderung nach freien Ufern.
Der Inselrundweg
Wenn man mit alteingesessenen Insulanern spricht, erfährt man aber, dass diese Wege auch schon zu DDR-Zeiten vorhanden waren und man als Kind dort gespielt hat. Mit der Einstufung der Inselstadt zum Sanierungsgebiet wurden nach der Wende erhebliche städtebauliche Fördermittel eingesetzt, mit denen die bereits vorhandenen Wege großzügig instand gesetzt und ausgebaut werden konnten. Nicht zu vergessen, dass auch die Bewohner mit Ausgleichszahlungen zur Finanzierung herangezogen werden.
Die Uferwege in den Havelauen
Von den von Herrn Bobka angeführten 700 m Uferpromenade, überdimensioniert und zugig, soll hier nicht die Rede sein. Es geht vielmehr um naturnahe Wege, die eher dem Charakter unserer Stadt entsprechen. Die 2 Kilometer Uferwege in den Havelauen befinden sich leider sämtlich im nördlichen Bereich der Havelauen, jenseits des Stichkanals, der beide Hälften trennt, also für Bewohner und Gäste aus dem Kerngebiet von Werder schwer zu erreichen.
In der Südhälfte der Havelauen mit dem Areal der Therme und angrenzenden noch unbebauten Flächen ist bisher nicht zu erkennen, dass es irgendwelche Uferwege geben wird. Es wohnen aber auch hier zahlreiche Menschen, es gibt eine Schule, zwei Kindergärten und eine Seniorenresidenz. Mit der ersten Vorstellung der „Blütentherme“ am 22. November 2011 im Schützenhaus hatte der damalige Bürgermeister Werner Große bereits klargestellt, dass die Uferbereiche der Therme zugeordnet werden und man auf die paar hundert Meter gerne verzichten könne. Alle Versuche den historischen alten Uferweg, wieder ins Gespräch zu bringen oder die Anwohner in irgendeiner Weise an der Planung der Wege zu beteiligen wurden regelmäßig abgewiegelt.
Der Uferweg nach Petzow – ausgeträumt
Ein besonders gravierendes Beispiel für ein Versagen der Stadtpolitik in Bezug auf öffentliche Zugänglichkeit der Ufer gab es im Zusammenhang mit dem Bebauungsplanverfahren für das Resort Schwielowsee auf dem Grundstück des ehemaligen Jugendhotels. Bei der öffentlichen Behandlung wurde damals die Frage gestellt, wo denn im Bebauungsplan festgesetzt sei, dass am Ufer eine Durchwegung erhalten bleibt. Durch den damaligen Bauamtsleiter, Herrn Wolf, wurde dazu erklärt, dass vor dem vorhandenen Schilfgürtel entlang des Ufers ein Holzsteg gebaut wird. Dieses Versprechen wurde niemals eingelöst. Die lange Zeit angestrebte fußläufige Verbindung vom Resort bis zum Schloss Petzow war damit gestorben.
Wo ist denn hier die Havel
Häufig wird man in Werder von Besuchern, die z. B. die berühmte Baumblüte anschauen wollen, angesprochen, wo man direkt zur Havel gelangen kann, denn die Stadt führt ja in ihrem Namen diesen Zusatz. Die Leute sind dann oft enttäuscht, wenn weit und breit kein Wasser in Sicht ist. Der Inselrundweg ist eben nicht alles.
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