
Die Bürgermeisterin will drei Akteneinsichtsanträge zur Therme ablehnen – mit gleicher Begründung: die angefragten Dokumente (Bauzustandsgutachten und Verträge) seien Bestandteil nicht-öffentlicher Sitzungen gewesen.
Die Vorgeschichte findet sich hier: Zeitleiste Akteneinsicht Therme
Antwort an die Bürgermeisterin von Werder (Havel)
An die Stadtverwaltung Werder (Havel)
Sehr geehrte Frau Saß,
vielen Dank für die Möglichkeit mein Anliegen zu begründen.
Ihrem knappen Schreiben kann ich entnehmen, dass Sie alle drei Anträge auf Grundlage von § 4 Abs. 2 Satz 1 (AIG) ablehnen wollen. Einen Bezug zu den Sätze 2, 3 und 4 kann ich nicht erkennen.
Prozesses der Willensbildung
In Satz 1 geht es um den Schutz des „Prozesses der Willensbildung“ und diesbezüglicher Akten aus nichtöffentlichen Sitzungen. Die Gutachten und Verträge sind keine Akten, die der Gesetzgeber hier schützen wollte. Dazu zitiere ich aus den Anwendungshinweisen zum AIG der LDA Brandenburg:
Vom Schutz des internen Willensbildungsprozesses sind nur wenige Daten, die diesen Prozess unmittelbar wiedergeben, betroffen. Gutachten und Stellungnahmen gehören nicht dazu.
Anwendungshinweise zum AIG der LDA
Recht auf „politische Mitgestaltung“
Deshalb halte ich die Darlegung und Begründung meiner Interessen für nicht zwingend erforderlich. Möchte die Gelegenheit aber nutzen und an dieser Stelle auf die Verfassung des Landes Brandenburg hinweisen. In Artikel 21 räumt der Gesetzgeber den Bürgerinnen und Bürgern das Recht auf „politische Mitgestaltung“ ein. Natürlich kann dieses Recht nicht ohne Wissen über Vorgänge in der Verwaltung ausgeübt werden, weshalb das Gesetz festlegt:
Jeder hat nach Maßgabe des Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen.
Art. 21 Abs. 4, Verfassung des Landes Brandenburg
Forderung nach Transparenz
Im konkreten Fall Blütentherme ist die Forderung nach Transparenz mehr als gerechtfertigt. Dieses Projekt liegt viele Jahre hinter dem Zeitplan und die Kosten für die Stadt Werder (Havel) sind bereits auf das Vielfache ursprünglicher Planungen gestiegen. Vor diesem Hintergrund möchte ich den Gesetzgeber im Bund zitieren, der in seinen Anwendungshinweisen zum IFG feststellt,
dass „eine größere Transparenz staatlichen Handelns auch der Korruptionsbekämpfung“ dient
Anwendungshinweise zum Informationsfreiheitsgesetz BMI
Die Akteneinsichtsanträge bzgl. der Gutachten enthalten Informationen über den Zustand des Baus nach der gescheiterten Zusammenarbeit mit der Kristall Bäder AG und lassen Rückschlüsse auf die Ursachen des Scheiterns zu.
Auch den Antrag auf Einsicht in die Verträge mit der Schauer & Co GmbH möchte ich kurz begründen. Es ist nur schwer verständlich und meines Wissens bisher nicht hinreichend untersucht worden, welche konkreten Probleme zum Scheitern der Zusammenarbeit mit der Kristall Bäder AG führten. Es stellt sich die Frage, wie es trotz Schlechtleistung des Auftragnehmers zu einer Einigung kommen konnte, bei der die Stadt Werder (Havel) erheblich finanziell benachteiligt wurde. Als Bürger dieser Stadt bin ich direkt betroffen, da Steuermittel für Verbesserungen der Lebensbedingungen in Werder (Havel) nun nicht mehr in der Größenordnung zur Verfügung stehen, wie sie ohne dieses gescheiterte Projekt zur Verfügung stünden.
öffentliche Interessen
Es ist das Recht und nach meinem Verständnis auch die Pflicht der Bürgerinnen und Bürger Politik mitzugestalten und die Verwaltung zu kontrollieren. Gerade bei einem Projekt dieser Größenordnung und Geschichte sind die öffentlichen Interessen klar und nach meiner Rechtsauffassung auch nicht die Frage, die hier beantwortet werden muss. Stattdessen ist fraglich, welche triftigen Gründe einer Akteneinsicht entgegenstehen. Dies konnte ich Ihrem Schreiben nicht entnehmen und hoffe auf eine baldige Rückmeldung.
Noch gehe ich davon aus, dass Sie die drei angeführten Anträge getrennt bearbeiten und bescheiden werden. In der weiteren Kommunikation mit Ihnen, werde ich mich wie gehabt auf die jeweiligen Anträge beziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Meiko Rachimow
(siehe auch die Kommunikation bei Frag-den-Staat)
Bild: Michael Bergemann
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