Ein Denkschrift zur Gestaltung der Havelauen
im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Werders
Die Havelauen sind der Stadt Werder und ihren Bürgerinnen und Bürgern nach dem Ende der militärischen Nutzung 1991 „in den Schoß gefallen“. Ab 1994 setzte die zivile Umnutzung ein. Früh ist die Entscheidung getroffen worden, angrenzend an den Zernsee ein Sondergebiet für eine Therme vorzusehen. Darüber hinaus hat sich die Stadt zusammen mit mehreren Projekt-entwicklungsgesellschaften schwer mit der Planung getan. Eine Projektentwicklungsgesellschaft ging in Konkurs, und mit dem ersten Investor der geplanten Therme kam es zum Bruch, so dass die dafür vorgesehenen Grundstücke von der Stadt wieder zurück gekauft wurden.
Im Frühjahr 2018 haben die Havelauen Projekt Gesellschaft (HPG) und die Firma TRAX GmbH ihre Tätigkeit eingestellt, nachdem sie die letzten noch zur Konkursmasse gehörenden Grundstücke, die Parzellen Nr. 91, 480, 482 und 483 an den Investor MCG Blue Orange verkauft hatten. Schließlich wurde im Herbst 2018 ein weiteres Grundstück aus der öffentlichen Bindung entlassen. Die städtischen Haus- und Grundstücksgesellschaft HGW war im Zuge der Ablösung des früheren Badinvestors Eigentümerin der Parzelle Nr. 791 geworden, eines weiteren Nachbargrundstücks der geplanten Therme. Dieses Grundstück am Südrand des Stichkanals hat sie an die Investment-gesellschaft Antan Recona verkauft, die auch schon die Wohnbebauung am westlichen Stichkanal realisiert hatte.
Die Investoren setzten insbesondere auf den Austausch mit dem künftigen Entwickler der Blütentherme, so der Geschäftsführer der MCG Blue Orange, Martin Pietsch, anlässlich des Grundstückskaufs; man müsse „einen verzahnten Masterplan erarbeiten.“ Das bedeutet von vorne herein, dass die Wünsche einzelner Investoren -aktuell der Wunsch des Thermen-Investors nach Wohnungbau und zusätzlichen Parkplätzen- nicht isoliert vorgezogen werden können. Diesem städtbaulich bedeutenden Gelände wird nur eine übergreifende und integrative Planung gerecht. Eine solche verlangt mehr als die Abstimmung der Investoren untereinander, wenn die Bedürfnisse des Gemeinwesens insgesamt an diesem zentralen Entwicklungsstandort zur Geltung kommen sollen, kurz, wenn für unsere Werderaner Bürgerinnen und Bürger gehandelt werden soll.
Konkret bedeutet das, eine Entscheidung über den Antrag der Stadtverwaltung an die SVV, den Bebauungsplan für die Parzellen 791, 171, 397 und 484 zu verändern, auf der Sitzung vom 17.9.2020 zu vertagen. Dieser Änderungsantrag geht auf den Wunsch des Investors Schauer zurück, eine viergeschossige Wohnbebauung zu ermöglichen und ein Parkdeck zur Ausweitung der PKW-Abstellfäche zu errichten. Einem solchen Partikularinteresse stattzugeben, würde bedeuten, der notwendigen übergreifenden Planung des Thermen-umfelds vorzugreifen und sie damit faktisch zu verhindern.
Im Thermenumfeld stehen weitere B-Planänderungen an. So wird der jetzige Eigentümer der Parzelle 791, die Investmentgesellschaft Antan Recona, möglicherweise von der derzeitigen B-Plan-Vorgabe (“Hotel“) abweichen wollen; desgleichen wird der Eigentümer der Parzelle 483, die Investmentfirma Blue Orange, dort vermutlich nicht die „gedeckten Sportanlagen“ errichten wollen, die der B-Plan vorsieht. Eine integrierte Stadtentwicklungsplanung, zu der sich die Stadt unter Berufung auf das INSEK-Papiers der Firma Complan vom 10.6.2020 beruft, eröffnet die Möglichkeit, das Thermenumfeld durch Angebote der Erholung, des Sports und der (Schul-)Kultur zu komplettieren. So bietet sich die Parzelle 791 ideal als Standort der dringend benötigten Grundschule nördlich der Bahnlinie an. Dafür spricht die unmittelbare Nachbarschaft der im Grundeigentum der Stadt befindlichen Therme, sowie das gewachsene Neubauviertel auf den Havelauen. Ferner erlaubt die B-Plan-Vorgabe „gedeckte Sportanlagen“ für die Parzelle 483 an diesem zentralen Ort den Bau derjenigen Sport- und Mehrzweckhalle, welche in der genannten integrierten Stadtentwicklungsplanung angemahnt wird, und welche am Stadtrand des künftigen Hoffbauer-Campus fehlplatziert wäre.
Diese einzigartige Chance eines Ensembles von städtischem Hallenbad, sowie zwei Schulen als Bildungsstandorten (neben der neuen Grundschule die ansässige Waldorfschule), und der Sport- und Mehrzweckhalle lohnt den Aufwand einer umfassenden Planung des Areals rund um die Therme. Sie wird genau zu derjenigen „städteräumlichen Qualität (mit) Aufenthaltscharakter“ führen, welche die INSEK-Autoren in den Havelauen derzeit vermissen. Diese Chance lohnt auch die Mühe erneuter Verhandlungen mit den derzeitigen Investoren der Parzellen 791 bzw. 483. Unter Umständen kann ihnen ein Grundstückstausch angeboten werden, oder es muss ein Rückkauf verhandelt werden, wie es in den Havelauen schon einmal mit der Kristall AG erforderlich geworden war.