Seit Sommer 2019 sitzen drei Abgeordnete der AfD in der Werderaner SVV. Nur äußerst selten ergreift einer von ihnen das Wort. Eigene Sachanträge gab es bisher nur einen einzigen. Von Kritik am Establishment, an der „Elite“ – Fehlanzeige. Stattdessen übernimmt es die AfD-Fraktion in der SVV, den Fraktionen der CDU und Freien Bürger die notwendige Mehrheit zu verschaffen.
Für die CDU ist das nun eine bequeme Situation – sie braucht auf die stärker gewordenen Kräfte links von ihr keine Rücksicht nehmen. Von 32 Sitzen in der SVV Werder besetzt die CDU-Fraktion 12. Mit den 3 Sitzen der AfD, den 2 Stimmen der ebenfalls nahezu immer mitstimmenden Freien Bürger und der Stimme der Bürgermeisterin kommt so sicher und beständig eine solide Mehrheit zusammen.
Die CDU-Kommunalpolitiker und ihre Bürgermeisterin Saß oder die Freien Bürger können jetzt natürlich anführen, dass sie keinen Einfluss darauf hätten, wie die AfD abstimmt. Sie müssen sich allerdings die Frage gefallen lassen, ob es denn keine gewichtigen Unterschiede zur Politik der AfD gibt, wenn so gut wie immer zusammen gestimmt wird.
Vor einem Jahr ging ein Aufschrei durch die Republik: Ein FDP-Politiker ließ sich in Thüringen mit den Stimmen der CDU und der AfD zum Ministerpräsidenten wählen. Nach wenigen Tagen musste er wieder zurücktreten; in Folge verlor die CDU ihre Bundesvorsitzende und beteuerte, sich klar nach Rechtsaußen abgrenzen zu wollen.
Die AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag hat vor wenigen Wochen als Vorsitzenden und Nachfolger von Kalbitz den ebenfalls als Neonazi einzuschätzenden Klaus Bernd gewählt. Es gibt also keinen Grund, die AfD als geläutert einzuordnen – sie ist verfassungsfeindlich und wird vom Verfassungsschutz beobachtet, sie tritt rassistisch und ausländerfeindlich auf, sie leugnet den Klimawandel und kämpft lautstark für eine rückwärtsgewandte Politik (Diesel und Kohlekraft werden lautstark als Energieträger verteidigt).
Im Landtag Brandenburg gibt es zwischen allen demokratischen Parteien – von Regierungskoalition bis Opposition – eine Übereinkunft, sich von der AfD abzugrenzen und AfD-Anträgen nicht zuzustimmen. Jetzt wird manch einer sagen, dass zwischen Kommunal – und Landespolitik ein großer Unterschied besteht. Das mag stimmen, aber was macht es mit einer Stadt und dem politischen Klima, wenn die rechtsextreme AfD faktisch immer das Zünglein an der Waage ist? Kann die kommunizierte Abgrenzung der CDU auf Bundes- und Landesebene so wirklich glaubwürdig sein?
Diese Fragen sollten sich die CDU Abgeordneten in Werder, wie auch die ihr angeschlossenen Abgeordneten aus FDP und Töplitzer Bürgerbündnis stellen: wollen sie in einer politischen Nähe zur AfD stehen und dauerhaft gemeinsam mit ihr Politik machen?
Und die Wählerinnen und Wähler der AfD sollten sich die Frage stellen, was sie von dieser Partei halten sollen, die seit über einem Jahr quasi keinen ordentlichen inhaltlichen Antrag in die SVV einbrachte und immer brav geschlossen der CDU folgt, die hier seit 30 Jahren regiert und damit doch das „System“ verkörpert. Aber den Kopf dieser Wähler möchten wir uns eigentlich nicht zerbrechen – was immer dabei herauskommen mag.