
Werder (Havel)
Von verschleppten Prüfungen, schwer zugänglichen Unterlagen und geschönten Berichten?
Der Prüfbericht für den Jahresabschluss 2016 ist unvollständig und wurde vermutlich nachträglich überarbeitet. Obwohl die Ungereimtheiten lange bekannt sind, stimmte eine der Bürgermeisterin treue Mehrheit für deren Entlastung. Unsere Fraktion will die Sache nicht auf sich beruhen lassen und Transparenz herstellen, doch die Bürgermeisterin bleibt stur und behindert die Arbeit der Stadtverordneten.
Die deutlich verspätet vorgelegten und unvollständigen Prüfberichte sind durchzogen von schwerwiegender Kritik des Rechnungsprüfungsamtes Werder (Havel). Vor allem werden massive Verstöße gegen die Vergabeordnung angeführt. Und zwar Verstöße, die direkt die Bürgermeisterin oder der 1. Beigeordnete zu verantworten haben und nicht deren Mitarbeiter. Vor allem wird kritisiert, dass es keinen ausreichenden Schutz vor nachträglichen Manipulationen der Vergabeunterlagen gibt.
Am 2. Februar diesen Jahres stellte unsere Fraktion diesbezüglich eine Anfrage und Akteneinsichtsanträge zu Feststellungen des Prüfungsamtes das Lindowsche Haus betreffend (Seite 31-33 Prüfbericht). Am 17. Februar antwortete die Verwaltung, dass die Unterlagen die Fragen zwar beantworten könnten, sie aber leider nicht vorlägen. Skurrilerweise wurden sie allerdings erst einen Tag später, also am 18. Februar, an den Landesbetrieb für Liegenschaften versendet. Somit hat man sie geschickt dem für die Entlastung eigentlich notwendigen Zugriff der Stadtverordneten entzogen.
Doch es blieben auch weitere Detailfragen offen. Die SVV hatte eigentlich eine Prüfung der Vorgänge rund um die Therme beauftragt. Aber Ergebnisse wurden nicht vorgelegt. Zum Beispiel geht es auch um 5,9 Millionen EUR, die 2016 im Rahmen der Einigung an die Kristall-Bäder AG gezahlt wurden.
Auf Basis dieser unvollständigen Berichte “entlastete” nun die letzte Stadtverordnetenversammlung die Bürgermeisterin.
Übrigens: die Bürgermeisterin selbst darf dabei eigentlich nicht abstimmen – tat es aber dennoch.
Nach hiesiger Rechtsauffassung unterliegt die Bürgermeisterin bei der Beschlussfassung über die eigene Entlastung einem Mitwirkungsverbot.
E-Mail der Kommunalaufsicht Potsdam-Mittelmark vom 13.4.2021
Auch so wäre die notwendige einfache Mehrheit spielend zusammen gekommen. CDU, AFD, Freie Bürger und Linke ignorierten die triftigen Gründe, die gegen die Entlastung sprechen.
Und es gibt noch eine viel gravierende Ungereimtheit. Nachdem die Fraktion im letzten Jahr informiert wurde, dass bereits seit September 2019 der Prüfbericht des RPA für 2016 vorliegt, hatte sie versucht eine Einsicht in diesen zu erwirken.
Doch zu dem Zeitpunkt war das nicht möglich. Offenbar befand er sich in Überarbeitung durch die frisch ernannte neue Leitung des RPA. Was genau in den Berichten geändert wurde, möchte die Fraktion gern erfahren, weshalb sie nach der letzten Stadtverordnetenversammlung Einsicht in den gesamten Verwaltungsvorgang des Jahresabschlusses 2016 verlangte.
Der Bericht hätte eigentlich unverzüglich – also bereits 2019 – den Stadtverordneten vorgelegt werden müssen.
Der Bürgermeister hat die Zuleitung des Prüfungsberichts an den Rechnungsprüfungsausschuss binnen zwei Monaten nach Vorlage des Prüfungsberichts zu veranlassen.
§9 (5) Rechnungsprüfungsordnung Werder (Havel)
Nun wäre es ein Skandal, wenn der Bericht nachträglich geändert wurde. Eine Antwort und ein dazugehöriger Terminvorschlag für die Einsicht blieb die Bürgermeisterin der Fraktion bis zum 15. April 2021 schuldig. Dass dieser Termin nun ohne Ergebnis verstrichen ist, verstärkt die Vermutung, dass die Bürgermeisterin etwas zu verbergen hat.
Der Jahresabschluss 2016 war bereits im Dezember 2018 fertiggestellt und übergeben. Der Jahresabschlussbericht lag im September 2019 von der ehemaligen Leiterin des RPA unterzeichnet vor. Warum wurde der Bericht nicht nach § 9, Abs. 5 der Rechnungsprüfungsordnung behandelt?
Elmar Schlenke, Fraktionsvorsitzender in der SVV am 11.3.2021
Zusammengefasst: Die Prüfberichte scheinen überarbeitet worden zu sein. Sie enthalten Lücken und trotzdem massive Kritik am Handeln der Verwaltung. Deshalb konnten die Stadtverordneten gar nicht einschätzen, ob die Bürgermeisterin ihren Haushalt ordentlich führte. Dass sie mehrheitlich trotzdem für die Entlastung stimmten, kann nur als fahrlässig angesehen werden.
Mit der Akteneinsicht zum Jahresabschluss 2016 wird hoffentlich Klarheit in die Sache gebracht. Die Fraktion bleibt dran und wir werden weiter berichten.
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