
Wer in die Zukunft der Stadt Werder Havel schaut, kommt nicht umhin die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Das Jahr 2019 hat in der politischen Landschaft Werders eine Zäsur in Richtung Transparenz und Beteiligung gesetzt. Von Transparenz kann in diesem Haushaltsentwurf nicht zwangsläufig die Rede sein.
Daher muss sich vorweg die Stadtverwaltung die Kritik gefallen lassen, dass die Stadtverordneten die Vorlage erst am 15. Januar erhalten haben. In Anbetracht der Tatsache, dass für die Beratung nicht einmal zwei Monate Zeit waren und das auch für alte – ich möchte betonen ehrenamtliche – Hasen sehr knapp bemessen ist, verschärft die Sache noch, dass ca. 50 % der Abgeordneten neu sind. Es haben sich zudem für die neue Legislatur zwei neue Fraktionen gebildet.
Hinzu kommt, dass der Haushalt nicht gut erläutert ist und unsere Fraktion noch zehn Fragen an die Zuständigen gestellt hat, die bislang unbeantwortet blieben. Diejenigen, die den Haushalt beschließen müssen die notwendige Chance haben das Papier zu verstehen und ggfls. Vorschläge zur Verbesserung einbringen können. Nach einem, aus unserer Sicht unzulässigen Beschluss des Hauptausschusses am 25. Februar sollten zudem keine weiteren Anträge zum Haushalt mehr eingebracht werden können. Das hat die Zeit um weitere Wochen verkürzt. Diese Vorgehensweise kann, erst Recht vor dem Hintergrund eines doppischen Haushaltes, welcher für zwei Jahre seine Gültigkeit besitzen soll, nicht toleriert werden.
Zum Inhalt des Haushaltsplans möchte ich zunächst die positiven Dinge herausstellen.Mit dem Ausbau der Kitas und der städtischen Schulen schlagen wir endlich den richtigen Weg ein. Uns fehlt allerdings der Haushaltsansatz für eine weitere Grundschule in den Havelauen –zumindest die Planungskosten wären einzustellen. Zudem zieht ein jahrelanger Investitionsstau in die Bildungseinrichtungen hohe Instandhaltung- und Ausbaumaßnahmen nach sich. Auch hier sollte nachgebessert werden.
Es sind Mittel für den Radwegebau eingestellt. Drei Radwege werden ausgebaut. Immerhin. Allerdings vermissen wir ein Programm, um die vielen Lücken und Gefahrenstellen in der Stadt für Radfahrer zu beseitigen, um ein durchgängiges Radwegenetz herzustellen. Da werden wir uns für Nachjustieren einsetzen müssen.
Besonders freuen wir uns, dass durch die Bürgerinitiative der StadtMitGestalter und unsere Aktionen wie die Stadtspaziergänge ein neues Bewusstsein für mehr Bürgerbeteiligung angekommen ist. Der neue Beauftragte dafür hat die Stadt mit dem Verfahren zum neuen Baumblütenfest gerettet. Mit dem Zukunftshaushalt ist ein neues, nützliches Instrument entstanden, das den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit gibt, sich an der Zukunft der Stadt zu beteiligen.
Den Zuschuss an den Freundeskreis Scala, um den Kauf zu ermöglichen und die Sanierung durchzuführen zählen wir ebenso zu den positiven Dingen. Damit wird ein einstimmiger Beschluss der SVV doch noch umgesetzt – mit weniger Einsatz an Mitteln der Stadt als anzunehmen war.
Grundlegend neu ist in diesem Haushalt, dass ein enormer Schuldenberg geplant wird. Von einer Rücklage von 34 Mio. / den gesammelten Überschüssen der letzten Jahre (so laut Entwurf zum 31.12.2019) geht es zu einer Verschuldung, die von knapp 8 auf 32 Millionen € bis 2024 anwächst.
Wenn man die Schulden der 100% Tochter HGW dazu zählt, deren Schulden in diesem Zeitraum von 22,3 Mio. auf 45 auf das Doppelte anwachsen werden – alles laut Haushaltsplan – dann werden es zusammen 77 Millionen werden.
Aber wo sind die Ursachen für die Schulden? Es liegt nicht an den Bürgern, die enorme Steuern bezahlen. Es liegt auch nicht an den Schulen, die endlich geplant und hoffentlich bald gebaut werden, nicht an den Kitas, die die HGW für uns baut, nicht an preiswerten Wohnungen, die die HGW errichtet (das macht sie bisher leider gar nicht)
Es wird sie sicherlich nicht wundern, dass ich bei der Suche nach den Ursachen die Therme anspreche. Es wird sie nicht wundern, dass ich nicht nur die 51,6 Millionen € anspreche, die wir als Investition ausgegeben haben werden. Auf Seite 21 müssen wir nämlich auch noch zugeben, dass die Stadt nach Fertigstellung jährlich eine geringe Pacht von 100.000 € erhält, wenn man den Zuschuss wegen vergünstigter Leistungen abzieht. Das war bisher ja geheim, weil die Verträge mit dem Betreiber angeblich geheim bleiben müssen. Von den übriggebliebenen 100.000 € müssen wir im Übrigen noch die Kosten für die Gebäudeversicherung der Therme abziehen. Da ich die Höhe der Versicherung im Haushalt nicht gefunden habe, kann ich sie nicht benennen und gebe dies als Frage an die Bürgermeisterin: “Wie hoch sind die Kosten für die Gebäudeversicherung für die Therme?”
Die Antwort auf die Frage nach der Ursache für den immensen Schuldenberg ist aber nicht nur die Therme, sondern auch die großzügige Förderung eines privaten Schulträgers – in diesem Haushalt 9 Millionen Euro. Neben den aus unserer Sicht falsch getroffenen Entscheidungen wie der Verkauf des Grundstücks an den Träger, die Standortwahl und aus der Hüfte geschossenen Absichtserklärungen ist ein großes Problem die Verblendung, dass diese Investition eine Investition in die Daseinsvorsorge darstellen soll. Es bleibt was es ist und das ist bei der Therme als auch beim Bildungscampus so. Es ist eine Finanzierung von privaten Unternehmen mit städtischen Mitteln im großen Stil.
Ohne diese beiden Projekte, die von der CDU auf den Weg gebracht wurden, hätte die Stadt überhaupt keine nennenswerten Schulden.
Es sind städtische Mittel, die einerseits durch Rücklagen finanziert werden, die aufgebaut wurden indem die Bürger über Jahre hinaus auf Schulen und Kitas und andere Einrichtung für die Daseinsvorsorge warten mussten. Andererseits sind diese Rücklagen aufgebraucht und es müssen nun Schulden für genau diese Einrichtungen gemacht werden.
Es bleibt in dem Haushalt viel nachzubessern. So müssen mehr Mittel für den Klimaschutz eingestellt werden. Da gibt es nur eine Kita mit energetischer Sanierung, nichts für erneuerbare Energien, keine PV Anlage auf nur einem städtischen Gebäude.
Es ist uns zu wenig für Kultur und Jugend eingestellt. Fraglich ist, ob ein Jugendzentrum im Familienzentrum so funktioniert und ob ein Jugendzentrum in dieser Stadt genügt. Es wird viel auf die Jugend von heute geschimpft. Aber wo hat sie denn ihren Platz?
Ein weiteres Problem das uns beschäftigt:
Dieser Haushaltsentwurf wird so nicht umgesetzt werden können! Zeitlich ist es durch die Verwaltung nicht zu schaffen.
Es wird schon heute einen Berg unerledigter und nicht abgeschlossener Investitionen vor sich her geschoben. 2019 waren Investitionen von 21,3 Mio geplant und es wurden nur 12,5 umgesetzt – davon die Mehrzahl noch aus früheren Jahren. 14,5 Mio sind von früher noch offen und wir wollen in 2020 dann 25 Mio ausgeben und in 2021 noch einmal 21 Mio. Diese Zahlen stammen alle von S.9 des Vorberichts zum Haushaltsentwurf. Wenn wir früher schon 7 Milionen nicht geschafft haben, sinnvoll auszugeben, wie soll das bei 25 oder 40 Millionen klappen.
Die schlechte Nachricht: die Bürger werden noch länger auf dringend notwendige Investitionen warten. Beispiel Glindow: Die Grundschule sollte umgehend ausgebaut werden. Eine dringliche Behandlung erfolgte noch im Sommer in der SVV . Jetzt ist der Ausbau frühestens 2024 zu erwarten, wenn er nicht noch weiter vertagt werden wird. Die Realisierung des Campus ist früher geplant.
Unser Vorschlag:
- Wir beraten in der SVV und in den Ausschüssen den Haushalt – auch wenn er heute beschlossen werden sollte – auch weiterhin gerade unter diesem Blickwinkel – realistische Zeitpläne und Bedarf abzustimmen.
- Wir richten eine Stelle für eine weitere Beigeordnete ein. Offenbar ist die Spitze der Verwaltung nicht ausreichend aufgestellt und den Anforderungen nicht gewachsen.
Warum eine solche Aufstellung „Plan“ genannt wird, wenn von vornherein klar ist, so kann und wird er nicht umgesetzt, bleibt ein Geheimnis. Diese Praxis hat die HGW übrigens schon lange. In ihren Wirtschaftsplänen werden seit Jahren Projekte genannt, die dann wieder verschwinden oder um Jahre vertagt werden. So erging es allen Plänen für den Bau von bezahlbaren Wohnungen in den letzten 15 Jahren. Hoffentlich bleibt es in 2020 nicht nur bei Ankündigungen. Wir werden darüber wachen.
Wir fordern für eine auskömmliche Haushaltsberatung in Zukunft mehr Zeit, insbesondere mit Blick auf einen möglichen Nachtragshaushalt.
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