Wenn der Berlin Brandenburg Flughafen BER am 31.10.2020 nach 14 Jahren Bauzeit eröffnet wird–geplant war 6 Jahre Bauzeit und Eröffnung im Jahr 2012 – dann hat er das dreifache, nämlich fast 6 Milliarden € gekostet. Unterschiedliche Regierungen haben sich in Berlin und Brandenburg wie im Bund dabei nicht mit Ruhm ausgezeichnet.
Erstaunliche Parallelen gibt es dazu in Werder – alles ein paar Nummern kleiner aber verblüffend ähnlich:
Ebenfalls in 2012 nach gut 1 Jahr Bauzeit sollte die Blütentherme ursprünglich eröffnet werden und sie sollte die Stadt 18 Millionen € kosten. 8 Jahre später wird sie – wenn die Pandemie es zulässt im Dezember 2020 endlich eröffnet – Kostenpunkt gesamt ca. 52 Millionen € – also auch dreimal so viel wie zu Baubeginn ursprünglich geplant.
Eigentlich sollte es ganz anders kommen:
In der Märkischen Allgemeinen MAZ vom 2.Februar 2010 zum Bürgermeisterwahlkampf in Werder wird der damalige Bürgermeister zitiert: „ Werner Große stellt Wahlprogramm vor“
„ Große benannte als größtes Zukunftsprojekt die Ansiedlung der Blütentherme in den Havelauen und deutete sein zentrales Thema an: „Solide Haushaltspolitik“.
„Das Badprojekt werde ausschließlich privater Natur sein und auf diese Weise „ Risiko für den kommunalen Haushalt ausschließen“ so der CDU-Mann. Da 2019 die Mittel aus dem Solidarpakt auslaufen, setzt Große darauf, die Kreditverpflichtungen der Stadt bis zu diesem Zeitpunkt auf null herunterzufahren“ – sprich: alle Schulden zu tilgen. ….. „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“, zitiert Große seine eigene Großmutter. Nach diesem Motto müsse Werder haushalten.“
Da auch der „Generalanzeiger“ am 5.2. 2010 das Zitat wörtlich wiederholt – ebenso die PNN – mit Ausnahme der netten Worte von Werners Großmutter (exklusiv bei MAZ, die es sogar zur Überschrift macht) kann es sich also um kein Missverständnis handeln.
Jetzt 10 Jahre später wissen wir es besser: Investor und Bauherr der Therme ist die Stadt Werder alleine, es gibt keinen Partner. Die Kosten von fast 52 Mio. € werden alleine aus dem Haushalt der Stadt aufgebracht. Und die städtischen Schulden der nächsten Jahre sind Schulden der Therme.
Die Folgen waren:
Investitionen in bezahlbare Wohnungen, in Kitas und Schulen wurden 6 Jahre und mehr verschoben und müssen jetzt in den nächsten Jahren nachgeholt werden. Ein erheblicher Teil dieser Investitionen, nicht nur für Wohnen wurde in die HGW, die städtische Wohnungsverwaltungsgesellschaft, ausgelagert – z.B. errichtet die HGW alle Kita Neubauten – und die dafür aufgenommenen Schulden verschwinden auf den ersten Blick aus dem Haushalt der Stadt.
Die erheblichen zurückgelegten Finanzmittel der Stadt werden für die Kosten der Therme total aufgebraucht:
Ende 2018 hatte die Stadt noch 37 Millionen Rücklagen und ca. 8 Mio. Schulden, und die Aussagen aus dem Wahlkampf 2010 wäre sogar eingehalten worden – Werder 2019 schuldenfrei!
Nach der offiziellen Finanzplanung werden es 2024 aber nur noch 0,4 Mio. Rücklagen und 45 Mio. Schulden sein, mit den Schulden der HGW von 32 Mio. werden es zusammen und konsolidiert 77 Mio. € Schulden der Stadt sein. (Alle Zahlen aus dem Entwurf des Haushalts 20/21 der Stad Werder)
Verdient die Stadt Werder wenigstens an der Therme nach ihrer Fertigstellung?
Die vertraglich vereinbarte Jahrespacht beträgt 250.000 €; abzüglich eines städtischen Zuschusses von 150.000 € an den Betreiber wegen ermäßigter Eintritte (Sport, Schule, sozial Bedürftige….) erhält die Stadt also netto 100.000 € Pacht im Jahr.
Damit wäre die Therme in 520 Jahren abbezahlt! Ob sie solange steht?
Und vieles an finanziellen Folgen kann man bisher von außen schwer überblicken. Transparenz ist nicht gerade das Markenzeichen der CDU Werder. So wird ein externer Prüfauftrag zu den Umständen der ersten Vergabe und die Vorgänge um 2014 von der Verwaltungsspitze seit Jahren erfolgreich verschleppt. Und die Ergebnise der internen Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt werden unter Verschluss gehalten.
Ein erfolgreiches Bürgerbegehren, dem sich mehr als 10 % der Wahlberechtigten angeschlossen hatten, wurde 2018 ausgehebelt und die neuen Verträge mit dem Baubetrieb und Betreiber hastig im Sommer 2018 abgeschlossen. Nur nicht nachdenken – lassen….
Noch ein Unterschied zum BER:
Die Jahre, die der Bau des BER sich länger hinzog wurden genutzt, um eine einigermaßen gute Verkehrslösung für den BER zu bauen – Bahn, S-Bahn und Buslinien einzurichten.
Anders in Werder: Bei der Therme dagegen erleben Anwohner bereits vor der Eröffnung ein Verkehrsfiasko: die einzige Zufahrtsstraße ist bereits jetzt überlastet, Parken im Wohngebiet ist bereits jetzt schwierig, der Tunnel am Bahnübergang in weiter Ferne, der Kreisel hinter dem Bahnübergang mit Rückstau oftmals eine Katastrophe und die Baustelle auf der Autobahn tut ein Übriges.
Weitsichtige Stadtentwicklung sieht anders aus. Daraus sollte man in Werder Konsequenzen ziehen. Freie Flächen im Umfeld der Therme sollten klug und umsichtig beplant werden. Auf Antrag der Opposition wurde das zumindest jetzt in der SVV beschlossen.
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