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Für Bürgerbeteiligung in Werder

Ausbau erneuerbarer Energien fördern und nicht bremsen

Die Stadt Werder wird einen Rechtsstreit finanzieren, der gegen Windkraftanlagen in einer Nachbargemeinde gerichtet ist. Statt Mittel in die Verhinderung erneuerbarer Energien zu stecken, sollte die Stadt über Lösungen zum Klimaschutz nachdenken. 

In der Nähe des Autobahnrastplatzes Schwielowsee Süd sollen 7 Windkraftanlagen in einen wirtschaftlich genutzten Forst gebaut werden. Sie sind über 240 Meter hoch und würden in Summe 100 Gigawattstunden Strom im Jahr produzieren. Das entspricht in etwa zwei Drittel des Stromverbrauchs der Stadt Werder (Havel).

Gegen den Windpark hat sich die Stadt Werder schon immer stark gemacht. Zunächst waren bis zu 50 Anlagen an der Grenze der Gemeinden Schwielowsee und Werder angedacht. Nach den teilweise sicherlich berechtigten Widerständen geht es nur noch um 7 Anlagen im Gemeindegebiet Schwielowsee. Obwohl die Entfernung zur Wohnbebauung im Werderaner Ortsteil Bliesendorf nun 1,2 km beträgt, bleibt der vermutete Infraschall die Hauptsorge. Man fürchtet gesundheitliche Beeinträchtigungen.

Die Stadtverordneten aus Werder haben jüngst mehrheitlich beschlossen, einen Rechtsstreit gegen Schwielowsee finanziell zu unterstützen. [1] Der Verein Waldkleeblat, der diesen Rechtsstreit führen wird, benennt als vorderstes Ziel die „Lärmschutzmaßnahmen gegen Infraschall“. [2]

Viele Jahre war der sogenannte Infraschall, also der „unhörbare Lärm von Windkraftanlagen“, eine große Sorge der Bevölkerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Eine Behörde, die eng mit der Gas- und Ölwirtschaft verbunden ist, hatte 15 Jahre lang die Stärke des Infraschalls von Windkraftanlagen falsch beurteilt. [3] Im Frühjahr 2021 stellte sie endlich klar, dass der Infraschall von Windkraftanlagen um enorme 36 Dezibel geringer ist als zuvor verbreitet. [4] 

Der Verein in Werder, der „aktives Mitglied der Bundesinitiative Vernunftkraft“ ist, will trotzdem gegen die nur noch 7 verbleibenden Windräder vorgehen. Das Netzwerk der Gegner erneuerbarer Energien, zu dem Vernunftkraft gehört, ist mächtig. [5] Die fossile Energiewirtschaft finanziert vorgebliche Naturschutzorganisationen, die mit Desinformation und Rechtsstreitigkeiten die Energiewende aufhalten wollen. [6]

Meiner Meinung nach sind die Sorgen der Anwohner in Bliesendorf zu einem großen Teil unbegründet. Die Lärmbelästigung durch die Autobahn ist ungleich größer. Vor allem die Sorge um den Infraschall kann entkräftet werden. [7] Auch die oftmals als störend empfundene Beleuchtung der Windräder entfällt hier. [8] In jedem Fall sollte man nun möglichst große Flächen zwischen der Autobahn und Bliesendorf als Lärmschutz aufforsten. 

Natürlich muss die Flora und Fauna weitgehend geschützt werden. Klima- und Umweltschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Aber fest steht: Maßnahmen gegen den Klimawandel sind auch Maßnahmen zum Schutz der Arten. [9] Die verbliebenen Anlagen stehen in einer Kiefernmonokultur. Leider muss man so gut wie überall damit rechnen müssen, dass die Fauna in der Nähe von industriellen Anlagen, zu denen Windkraftanlagen nun einmal gehören, beeinträchtigt wird.

Ökonomisch würde Werder (Havel) nun vergleichsweise wenig direkt profitieren, da die Anlagen auf dem eigenen Gemeindegebiet bereits verhindert wurden. [10] Statt den Ausbau der regenerativen Energien zu verhindern, hätte die Stadt frühzeitig auf eine geeignete Beteiligung der Anwohner setzen können. In anderen Gemeinden erfreuen sich Windkraftanlagen großer Beliebtheit. [11] Es gibt viele Möglichkeiten, wie die Akzeptanz bei der Bevölkerung gesteigert werden kann. Zum Beispiel könnten Anwohnerinnen mit einem Windkraftbonus ihre unlängst stark gestiegenen Stromkosten reduzieren. [12]

Bei der Planung von Maßnahmen wie dem Bau von Windkraftanlagen muss die Bevölkerung eng einbezogen werden. Erfolgreiche Projekte werden transparent entwickelt, öffentlich diskutiert und beachten die Sorgen von Anwohnerinnen und Anwohnern. Durch eine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg kann die Akzeptanz deutlich verbessert werden. Hoffen wir, dass solche Projekte in Werder (Havel) zukünftig erfolgreich sein werden. Etwas weiter im Norden, wo Windkraftanlagen im offenen Land angedacht sind, hat sich bereits Widerstand gebildet. [13]

Quellen:

[1] https://ratsinfo-online.de/werder-havel-bi/vo020.asp?VOLFDNR=4296
[2] https://waldkleeblatt.de/ueber/wer-sind-wir/
[3] https://lobbypedia.de/wiki/Bundesanstalt_f%C3%BCr_Geowissenschaften_und_Rohstoffe
[4] https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Oeffentlichkeitsarbeit/Pressemitteilungen/BGR/bgr-2021-04-27_erklaerung-zum-infraschall-von-windenergieanlagen.html
[5] https://energiewende.eu/wp-content/uploads/2021/02/Verbindungen.pdf
[6] https://www.spiegel.de/wirtschaft/windenergie-so-verhindert-die-anti-windkraft-bewegung-neue-anlagen-a-46d88419-3b1d-427d-b6c0-cf696fec283c
[7] https://stm.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/windkraft-hat-keinen-relevanten-einfluss-auf-infraschall/
[8] https://www.windpark-dachsberg.de/fragen-und-antworten/
[9] https://www.nabu.de/news/2019/10/27093.html
[10] https://klima-schwielowsee.de/energie_/regenerative-energie/windenergie/2416/
[11] https://www.fachagentur-windenergie.de/fileadmin/files/Veroeffentlichungen/FA_Wind_Umfrageergebnisse-2021.pdf
[12] https://windkraft-brandenburg.de/themen/burgerbeteiligung-akzeptanz
[13] https://zauche365.de/2020/09/18/buerger-gruenden-initiative-gegen-windkraftanlagen-im-raum-derwitz-ploetzin-bochow-goehlsdorf/
[x] Stromverbrauch Werder (Havel) http://www.energymap.info/energieregionen/DE/105/108/549/25968.html

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